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Imperial 2030

Imperial 2030 von Reich der Spiele

Das Spiel. Die Spieler sind internationale investoren, die in der nahen Zukunft über Kreditvergabe und Rückzahlungsverpflichtungen die Nationalregierungen wichtiger Länder kontrollieren. Der jeweils größte Investor zum Zeitpunkt der Länderaktionen führt diese aus, als wäre dieser Spieler der Regierungschef. Die sechs mutmaßlich wichtigsten Länder beziehungsweise Regionen der zukünftigen Erdgesellschaft sind nach Voraussage dieses Spiels die USA, Rußland, China, Europa, Indien und Brasilien. Zumindest wirtschaftlich könnte das sein.

Dabei sind die Kassen der Spieler und der sechs Länder streng getrennt. Jeder Regierungschef kontrolliert aber auch die Kasse seines Landes, ohne Geld einfach so heraus nehmen zu dürfen. Kein korrumpiertes Junta also. Obwohl, politisch gesehen, so schon schlimm genug. Der regierende Spieler darf allerdings jederzeit Geld aus seinem Privatvermögen direkt in die Staatskasse einzahlen, um zum Beispiel sonst unerschwingliche Militärkosten zu bezahlen. Gibt es Auszahlungsverpflichtungen des Landes gegenüber nichtregierenden Spielern muss der regierende Spieler sogar, wenn vorhanden, sein Privatgeld in diesen Staat pumpen, bis alle Kreditzinsen an andere Spieler ausbezahlt sind. Unternehmerisches Risiko gilt es hier für den frisch gebackenen Staatschef bei Übernahme solcher Verbindlichkeiten zu bedenken.

Dafür darf er, immer wenn ein Land nach einer festen Reihenfolge dran ist, die Figur dieses Landes auf einem Aktionsrad um ein bis drei Felder verschieben, und danach die dortige Aktion ausführen. Zahlt er genug Geld aus seiner Privatkasse, können es auch bis zu sechs Felder sein. Die Aktionen können militärische oder finanzielle sein. Militärische Aktionen bauen neue Produktionsstätten für Einheiten, bringen neue Einheiten auf das Brett, oder bewegen die vorhandenen. Auf dem Finanzsektor gibt es die Investitionsphase, in der die Kreditzinsen für die Spieler fällig werden, und neue Kredite vergeben werden. Ein Angebot, das man nicht ablehnen kann, selbst wenn die Staatskasse auch so schon voll ist. Die neuen Investitionen müssen immer zugelassen werden, obwohl sie die Schulden erhöhen.

Der Spieler der gerade die Investorenkarte hat, darf  einen noch freien Kredit eines beliebigen Landes erwerben, wenn er ihn  bezahlen kann. oder einen schon früher gekauften aufstocken, indem er die Differenz des Werts bezahlt. Der alte, geringere, kommt dann zu den anderen Krediten zurück, und kann später wieder von einem Investor gekauft werden. Danach übernimmt oder behält der nun aktuell größte Investor in diesem Land, der Gesamtsumme der vergebenen Kredite nach, die Regierung. Die Staatskredite werden niemals zurückgezahlt. Die Zinsen werden in der Investorphase so umfangreich wie möglich bedient, aber kein Kredit kann vom Staat oder dem Regenten zurückgekauft werden. Nach der Investorphase wechselt die Investorkarte, das Investitionsrecht also, zum linken Nachbarn, der nun auf seine Chance in der nächsten Investorphase wartet.

Die Zinszahlung kann übrigens ausfallen, wenn Regenten mit ihrem Nationenstein auf dem Aktionsrad das Investorfeld überspringen. Die Investitionsmöglichkeit muss aber dem Inhaber der Investorkarte gewährt werden. Ausnahme sind die Schweizer Banker. Das sind Spieler ohne jegliche Regierungsbeteiligung. Sie haben nirgendwo die höchste Kreditsumme, sondern stattdessen wahrscheinlich breit investiert. Diese können das Stehenbleiben eines Nationensteins auf einem Investorfeld erzwingen, sodass die Auszahlung der Kredite geleistet werden muss. Sie können auch ohne Investorkarte jedesmal investieren, wenn ein Nationenstein über oder auf ein Investorfeld zieht. Somit viel öfter als die anderen Spieler, die nur mit der Karte investieren dürfen, und sie danach weiter geben müssen.

Die andere Finanzphase ist die Steuerphase, in der das Land Geld in seine Kasse verdient, um in der Investitionsphase auszahlen zu können. Das Einkommen des Landes hängt von der Anzahl der Regionen ab, die es militärisch kontrolliert. Daher werden für Regenten, die abkassieren wollen, zwischendurch auch mal militärische Aktionen fällig, die das Gebiet vergrößern, und damit in der Steuerphase den Geldtopf füllen helfen. Sonst würden die Spieler vernünftiger Weise nur finanziell agieren, denn darüber gewinnt man letztendlich. In der Steuerphase werden auch Machtpunkte an das Land vergeben, aus denen am Ende ein Multiplikator der Siegpunkte für Investoren in jedem Land errechnet wird.

Einheiten für militärische Aktionen gibt es durch gewählte Aktionsfelder auf dem Rad. Bewegen aller Einheiten ist eine andere Aktion auf dem Rad. Nur dadurch entstehen Kämpfe. Wenn nämlich gemeinsam mit anderen Nationen geteilte Felder von mindestens einer Nation nicht geduldet werden. Dann wird 1:1 abgetauscht. Das kostet die beteiligten Nationen dann Geld und Aktionen, den Bestand wieder aufzufrischen. Falls überhaupt für nötig erachtet.

Das Spiel endet, wenn eine Nation/Region 25 Machtpunkte erreicht hat, die in jeder Phase "Steuer erheben" erhöht werden, bis es für ein Land irgendwann 25 sind. Dann zählt jeder Spieler seine Kreditforderungen für jedes Land zusammen und multipliziert diese mit dem Machtfaktor des Landes. Dazu zählt man alles übrige Geld aus seiner Privatkasse für den eigenen Endstand. Es gewinnt mal wieder der reichste Spieler.

Das Material. Die Spielsteine aus Holz, das Spielbrett und die Kreditkärtchen aus aufwändig bedruckter Pappe. Das Geld beidseitig bedruckt. Im Prinzip genau die Qualität, die man von einem Spiel dieses Preissegments erwartet. Als wär’s von einem großen Verlag. Hier gibt’s nichts zu meckern.

Die Kritik. Das Spiel entfacht im Innern des erfahrenen Spielers einen steten Kampf um die Frage abkassieren und investieren, um zu gewinnen, oder militärisch agieren, um den gelenkten Staat besonders einflußreich zu machen. Man kann pro Runde eben nur eine Art von Aktion machen. Zwar muss man sowieso darauf achten, dass Staaten, denen man viel Kredit gegeben hat, auf der Machtleiste nach vorne kommen. Man will aber eigentlich deshalb mitlitärisch agieren, weil es mehr Spaß macht. Weil dann mehr los ist.

Imperial 2030 gewinnen aber wird, entgegen des Titels, der Typ Eroberungsspieler wahrscheinlich nicht. Sondern eher der kühle Rechner der Wirtschaftsspiele, der auf eine Regierungsmacht gar nicht unbedingt scharf ist, sofern die interessanten Staaten auch von anderen Spielern vernünftig geführt werden. Dann kann man gegen Mitte des Spiels auf die Schweizer Bank – Strategie wechseln, wo die Beteiligung an jedem Staat, auch den Schwächeren besser zur Geltung kommt, während man dafür auf ein direktes Regieren ganz verzichtet. Das bedeutet aber, dass man nur noch hin und wieder in der Investitionsphase der Staaten etwas zu tun bekommt, und sonst gar nicht mehr mitspielt. Kein Säbelrasseln, kein Kämpfen, kein Imperialismus! Dafür darf man viel öfter kassieren und investieren als die anderen Spieler, die nur über die zirkulierende investitionskarte Kredite kaufen dürfen.

Das hin und her der Gebietskontrolle kann dem Banker ziemlich egal sein. Er kauft eben die Kredite der lohnenderen Staaten, kassiert aber auch von den schwächeren. Kleinvieh macht auch Mist. Und jeder neu vergebene Kredit multipliziert die Siegchanchen. Die Regenten müssen sich da schon mehr plagen. Aber auch sie sind ja in erster Linie Ausnutzer der Staatsressourcen, nicht Volkshelden, die sich für die Ehre ihres Staates engagieren. Wenn es nicht recht klappen will, dann wird eben umsatteln fällig. Nur leider geht das erst, wenn andere Spieler freiwillig die Mehrheit übernehmen. Da muss man sie dann eben militärisch ausreichend nerven, damit sie den Störenfried abstellen müssen.

Die Grundidee, die das Spiel antreibt, und darum als Leitline zum Gewinnen nicht unerfolgreich sein dürfte ist, wie die Amis sagen: "If you can’t beat’em join’em." Wenn du sie nicht besiegen kannst, dann steig doch bei ihnen mit ein.

Fazit. Eine süße Qual für Eroberungsspieler, die doch, wie immer, ihr Reich aufblühen lassen wollen. Man muss sich wirklich innerlich von der Verantwortung für die Länder lösen, sofern man überhaupt welche regiert. Sich allein von Effizienz leiten lassen. Vom erwartbaren Gewinn. Das bedeutet natürlich, dass Gewinnen nicht nur als Spielziel, sondern sogar noch umfassender als Spielsinn in der Luft liegt. Was habe ich davon? Statt: Wie gedeihen meine Spielsteine? Es könnte ja doch ein anderer Investor später mein ganzes Land übernehmen, das ich erst groß gemacht habe.

Was muss ich machen um zu gewinnen?!  Wer sich von dieser funktionalen Perspektive ablenken läßt, wer ohne klare Mission bloß zum Stärke ausleben militärisch auftrumpft, oder sich als Volksführer pathetisch auf eine bestimmte Nation versteift, die er zur Größe führen will, wird kaum gewinnen. Wen hingegen nichts anderes interessiert als zu gewinnen, und für den alles nur Mittel zu diesem Zweck ist, der wird bei Imperial 2030 zumeist gut abschneiden.

 

Hinweis: Das Spiel ist eine überarbeitete und erweiterte Version mit thematischer Neuausrichtugn von Imperial.

 

Infos zu Imperial 2030

  • Titel: Imperial 2030
  • Verlag: PD Verlag
  • Autor: Walther Mac Gerdts
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 6
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 14 - 14
  • Dauer in Minuten: 150
  • Jahrgang: 2009

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1 Kommentar

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Rodja Kleemann 8. Mai 2014 at 02:24

Liebe Spielefreunde,

jede Partie Imperial fasziniert mich aufs Neue und verlangt einem alles ab, da man nicht einfach nur "seinen" Staat groß machen muss, sondern geschickt zu investieren hat.

Ich finde Imperial 2030 einfach großartig und habe selten ein so gutes Spiel gesehen. Einziger Wermutstropfen ist sicherlich, dass dieses Spiel nichts für den Gelegnheitsspieler ist und eine steile Lernkurve hat.

Der Spieleliebhaber wird an diesem hochkarätigem Strategiebrettspiel aber seine wahre Freude haben.

Für Spielberichte und weitere Informationen: <a href="http://www.rodjas-brettspiele-blog.de/kategorien/imperial-2030/&quot; title="Weitere Informationen zu Imperial 2030">Imperial 2030</a>

Beste Grüße 

Rodja Kleemann

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