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Der Goldene Kompass

Der Goldene Kompass von Reich der Spiele

Das Spiel zum Buch/Das Spiel zum Film

Zum gleichnamigen erfolgreichen Buchtitel und Kinofilm präsentiert der Hersteller gleich zwei Spiele mit dem Titel Der Goldene Kompass. Doch wer kauft sich denn schon gleich beide Spiele? Fanatische Film-Fans? Komische Sammler? Vielspieler vielleicht? Um es gleich vorweg zu nehmen: Wer sich tatsächlich beide Spiele zulegt, wird sich spätestens nach den ersten Partien gut überlegen, ob er wirklich beide behalten will …

Angenommen, man wollte tatsächlich nur eins der beiden kaufen und müsste sich nun entscheiden. Spontan fällt der erste Griff zum Spiel zum Film, das den möglichen Käufer mit einem grafisch ansprechenden Cover anlacht, das die wichtigsten Filmcharaktere abbildet. Auch das Innenleben kommt fröhlich bunt daher und lädt förmlich zum Spielen ein. Sein Gegenüber, das Spiel zum Buch, wirkt dagegen eher abschreckend. Das hässliche Cover zeigt einen mittelmäßig gezeichneten Eisbären (genau genommen einen Panzerbären, aber welche Eltern wissen das schon, wenn sie ihrem Sprössling etwas Gutes tun wollen?) vor einem einfarbig dumpf-blauem Hintergrund. Nach dem Öffnen der Packung kehrt dann jedoch so etwas wie Erleichterung ein, denn das Spielmaterial ist auch beim Spiel zum Buch ansprechend. Trotzdem: 1:0 für den Film.

Da es sich bei beiden Spielen um echte Familienspiele handelt, sollte die Spielanleitung gut bebildert und leicht verständlich sein. Prima, denn das ist sie bei beiden. Weiterhin 1:0

So, nun aber auf in eine Probepartie! Zunächst das Spiel zum Film: Eine einzelne Figur (Lyra auf dem Weg in die Eislande) wird von allen Spielern gleichzeitig bewegt und läuft einmal um das Brett. Dabei durchläuft sie drei verschiedene Phasen, in denen die Spieler verschiedene Siegpunktplättchen sammeln beziehu8ngsweise ablegen können und am Ende der Phase eventuell noch einen Bonus abstauben können. Wer, statt Punkte zu sammeln, lieber einen Mitspieler ärgert, stellt ihm das Luftschiff des Ministeriums vor die Nase, was ihn am Phasenende Punkte kosten kann. Zudem gibt es eine ganze Reihe von Hilfscharakteren, von denen jeder Spieler zu Beginn jeder Phase einen zugelost bekommt. Mit Hilfe derer Spezialeigenschaften lassen sich manchmal eigene Aktionen deutlich verstärken – manchmal sind sie aber auch leider völlig nutzlos. Dies hängt häufig davon ab, welche Karten man gerade auf der Hand hat oder an welcher Stelle sich Lyra gerade befindet. Zu allem Überfluss entscheidet eine Drehscheibe in der Mitte des Spielplans darüber, welche Aktionen man überhaupt durchführen darf und ob/wie viele Karten man erhält. Wirklich planbar ist das ganze jedenfalls nicht, und auch wenn am Ende alle Spieler meist ähnlich viele Punkte ergattern konnten, stellt sich dem einen oder anderen doch die Frage nach dem „Warum“.

Beim Spiel zum Buch stellt sich eher die Frage nach dem „Warum denn nicht“. Warum denn nicht einfach die hohen Karten schnell ausspielen und mit der eigenen Figur möglichst weit nach vorne ziehen? Schließlich gewinnt doch wer zuerst im Ziel (natürlich die Eislande!) ankommt. Je eher die eigenen Erfahrungswerte zusammengekommen sind, desto eher erhält man Unterstützung durch die Hilfskarten, die man sich dann sogar noch aussuchen kann. Warum also nicht? Ganz einfach: Weil man umso mehr Karten nachziehen darf, je weiter man hinten liegt. Weil man Erfahrungspunkte nur bekommt, wenn man auf die entsprechenden Felder zieht und deshalb lieber dreimal eine Einser-Bewegungskarte ausspielt, als nur einmal eine Dreier-Karte. Weil man sich auf der langen Wegstrecke mit vielen Einser-Schritten so ziemlich alles einverleiben kann, was auf dem Weg herumliegt und am Spielende wirklich alle Siegbedingungen erfüllt. Weil man dann so schön einen Schlussspurt ansetzen kann und die Mitspieler am Spielende recht dumm aussehen lässt. Apropos dumm: Dumm nur, wenn alle Spieler so spielen. Denn dann entscheidet der Zufall, ob die nachgezogenen Karten auch passen. Wer nur Dreier-Karten zieht, hat Pech gehabt. Ein bisschen Geschick bei der Auswahl des Nachziehstapels und ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt eines Schlussspurts benötigt man aber auch in diesem Fall noch. Deshalb: 1:1, das Spiel zum Buch gleicht aus.

Neben dem Einfluss auf das Geschehen interessiert aber vor allem der Spielspaß. Kurz gesagt: Beim Spiel zum Buch kommt sogar bei weniger am Thema interessierten Mitspielern ein wenig Atmosphäre auf. Als leichte Kost kann es gut unterhalten. Das Spiel zum Film dagegen wirkt eher so, als hätte jemand krampfhaft versucht, die vielen im Film vorkommenden Personen irgendwie zu einem Spiel zu verwursteln. Sieht zwar gut aus, macht aber leider überhaupt keinen Spaß. Schwupps, das Buch geht mit 2:1 in Führung.

Und wie sieht es mit dem Ärgerfaktor aus? Während beim Buchspiel der Schwarze Peter im Zweifelsfall immer dem Pech beim Kartenziehen zugeschrieben werden kann, wird im Filmspiel die einzige Figur von den Mitspielern bewegt und kann durch vorzeitiges Erreichen eines Phasenendes auch die beste Planung zerstören. Zusammen mit der sehr persönlichen destruktiven Kraft des Luftschiffs ist Frust hier vorprogrammiert und nicht im Sinne eines Familienspiels. Klarer Punkt fürs Buch, das die Vergleichspartie somit mit 3:1 für sich entscheidet.

Aber diese Schachtelgrafik … Entsetzt stellen Interessierte das Spiel zum Buch wieder ins Regal zurück. Und kaufen dann doch beide Spiele. Die Lösung: Man entsorgt den Inhalt des Spiels zum Film sowie den hässlichen Karton des Spiels zum Buch und erfreut sich an einer ungewollt brauchbareren Kombination der Spiele – die schöne Schachtel enthält jetzt den größeren Spielspaß.

Infos zu Der Goldene Kompass

  • Verlag: Kosmos
  • Autor: Inka Brand, Markus Brand, Francesco Nepitello
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 45

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